Auszeichnung des Parlamentsprojekts der Klasse 10b auf dem Junify in Berlin
von Barbara Bornschlegel (Kommentare: 0)
Man wolle zusammenkommen, denn verbunden sei man stark für eine demokratische Gesellschaft, so heißt es in der Broschüre zum diesjährigen Junify in Berlin, einem Zusammenkommen der Preisträger des diesjährigen Wettbewerbs Demokratisch handeln.
Demokratie heißt nicht nur, dass man die Vorzüge dieser Herrschaftsform genießt, dass man sich einlebt in die Chancen, die diese Gesellschaftsform anzeigt, dass man einfach nur existent sein muss, da sein muss, Rituale pflegen muss, um alsdann als möglicher Demokrat zu gelten.
Demokratie heißt so viel, so weit mehr! Es setzt nicht nur Verantwortung und Zivilcourage voraus, es verlangt vielmehr die Teilnahme, das Mitmachen, das Einbringen in gesellschaftliche Debatten - das Diskutieren, das Aushalten von Gegenmeinungen … Es setzt voraus, dass man sich nicht versteckt, es fordert vielmehr, dass man sich herauswagt aus der eingelebten Wohlfühloase einer wie auch immer gearteten Wohlstandsgesellschaft, dass man sich hineinstürzt in gesellschaftliche Diskurse, sich im Prozess der Auseinandersetzung auch verletzt, sich dann aber nicht zurückzieht, sondern vielmehr daraus Kraft gewinnt, sich neu einzubringen.
Es setzt vor allem aber voraus, dass man sich nicht hinter irgendeiner schön scheinenden Larve demokratisch wundervoller Werte versteckt; Demokratie beansprucht nicht den in der Öffentlichkeit souverän agierenden demokratisch wohlfeilen Schauspieler, Demokratie fordert denjenigen, der Demokratie lebt, der die demokratischen Werte lebt, auch wenn es verlangt, dass man aneckt!
Das Festival in Berlin war eine Zusammenkunft jener jungen Demokraten: In unterschiedlichsten Kategorien bewiesen die Zusammengekommen, wie einfach es ist, sich demokratisch zu engagieren, wie schwer es gleichzeitig ist, sich demokratisch einzubringen, mögliche Probleme zu erkennen und sinnvoll zu lösen, gar auch möglichen Gegenwind aushalten zu müssen.
In unterschiedlichsten Kategorien sind die unterschiedlichen Schülergruppen ausgezeichnet worden.
Eine Kategorie hat sich mit der Demokratie vor Ort beschäftigt, denn Demokratie „lebt im kommunalen und nachbarschaftlichen Umfeld, in der Stadt ebenso wie in der ländlichen Umgebung“, heißt es in der Beschreibung dieses Bereiches des Wettbewerbs. Ausgezeichnet worden sind hier Projekte, die das „Handeln im unmittelbaren Lebensumfeld“ thematisiert haben, deren Beiträge etwas zur demokratischen Entwicklung in der Basiseinheit der Gesellschaft geleistet haben. So ist hier u.a. das Projekt „Lausitz mit Zukunft“ ausgezeichnet worden, in Projekt, dass gezeigt hat, wie der Strukturwandel in einer ohnehin schon abgehängten Region geschafft werden kann.
Eine weitere Kategorie des Wettbewerbs hat den zentralen Lebensbereich der Schülerschaft unter die Lupe genommen und hier nach demokratischem Engagement in der Schule gefragt, denn „demokratisches Handeln beginnt im Alltag“ der Schüler, so die Wettbewerbsbroschüre. So ist hier eine Grundschule in Halle für die Durchsetzung von Kinderrechten prämiert worden, ebenso eine Mittelschule aus Schwabach für ihr regelmäßig tagendes Parlament. In dieser Kategorie ist auch das Parlamentsprojekt der zehnten Klasse ausgezeichnet worden, denn es hat, wie auch die anderen Projekte in dieser Kategorie, gezeigt, „wie Kinder und Jugendliche die Demokratie in ihrem Lernumfeld stärken, wie sie demokratische Mitbestimmung“ ausgestalten. Als die Schüler:innen der zehnten Klasse erkannt haben, was alles politisch möglich ist, haben sie nicht nur gestaunt, sondern ihr Staunen vielmehr in Ideen überführt: Könne man nicht die Kinderrechte auch am FWG einführen, könne man nicht ebenso ein regelmäßig tagendes Parlament der Schüler:innen einführen, könne man nicht als Jugend in verschiedenen Performance-Auftritten auf die Vorstellungen der jungen Generation aufmerksam machen, könne man nicht … Vielleicht muss man kleiner anfangen und auf Erfahrungen bereits vergangener Projekte aufbauen: Insofern hofft die Gruppe darauf, dass man vielleicht die Wahlen zur SMV in Zukunft anders gestaltet und dass man vielleicht ein Schülerparlament einrichtet. „Andere Schulen, vor allem in Bayern, bekommen das doch auch hin, warum nicht wir?“, so eine mitgereiste Schülerin.
Eine dritte Wettbewerbskategorie befasste sich schließlich mit dem Zusammenleben und der Inklusion. In dieser Kategorie geht es darum, „die Würde jede einzelnen Menschen“ anzuerkennen „und die Verschiedenheit, ohne Gewalt und im friedlichen Wettstreit der Meinungen“ zu leben. Hier wurde beispielsweise der Projekttag gegen Mobbing eines Gymnasiums aus Soest ausgezeichnet, aber auch das Projekt „Gegen Mauern im Kopf – für Offenheit und Demokratie“ der Gemeinschaftsschule in Soest.
Das Festival selbst hat nicht nur die Preisträger gewürdigt, vielmehr hat es ebenso in Workshops und Beiträgen eine Anleitung zu demokratischen Handeln gegeben. Dabei ist es nicht nur um die Sonderpreise gegangen, nicht nur darum, dass der Hildegard-Hamm-Brücher Preis nebst Medaille verliehen worden ist, sondern es ist auch darum gegangen, den jungen Demokraten Möglichkeiten und Chancen aufzuzeigen, wie man sich in gesellschaftliche Prozesse einbringen kann.
Schon zu Beginn haben zwei Improvisationskünstler kreativ gezeigt, was Demokratie verlangt. In der absurden Situation, dass einer der beiden Künstler seinen Brokkoli in einem Waschsalon waschen möchte, spielten beide Improvisationskünstler diese Situation einmal in einer Anarchie und einmal in einer Plutokratie durch. In der ersten Szene endete das Waschen des Brokkoli in Gewalt, denn in einer Gesellschaft ohne Regeln setzt sich notwendigerweise derjenigen durch, der entweder mehr Kraft hat oder die besseren Waffen. Das vorhersagbare Ergebnis der Plutokratie war es, dass derjenige, der viel Geld hat, den Armen der Gesellschaft, welcher lediglich seinen Brokkoli waschen wollte, dazu zwang, sich beim Waschen des Brokkoli auszuziehen … Gesellschaft braucht Regeln, Gesellschaft braucht den sozialen Ausgleich, eine Erkenntnis, die sich nach dem Schock der zwei Spielszenen in der Zusammenkunft von ungefähr 150 Schüler:innen durchgesetzt hatte.
Im anschließenden Connect haben sich die Projekte in unterschiedlichen Gruppen zusammenfinden und sich austauschen können. Neben dem Lob für das Projekt, dem Zuspruch für das Engagement hat man sich ebenso darüber ausgetauscht, wie schwierig es manches Mal ist, sich demokratisch engagieren zu wollen … Der Zuspruch am Ende, die Gewissheit, dass man mit seiner Motivation nicht allein gewesen ist, hat wiederum Kraft und Mut gegeben, weitere Ideen umzusetzen, weitere Projekte anzustoßen … Denn Demokratie lebt nun einmal davon, dass man sich demokratisch einbringe, dass man Schwierigkeiten überwinde, dass man Gegenwind aushalte …
In den Workshopangeboten konnte man sich nun auf unterschiedlichen Betätigungsfeldern ausleben. Zwei Schüler:innen gingen in den Workshop „Zombieapokalypse“, zwei Schüler:innen in den Workshop „Feministisches Schreiben“. Alle waren im Nachgang zufrieden! Es ist sogar soweit gekommen, dass Gina-Marie Graf ihren verfassten Text dem Auditorium am Freitag hat vorstellen dürfen; tosender Applaus war der Dank für ihren wundervollen wiewohl befremdlichen Text.
„Es hat alle meine Erwartungen komplett übertroffen!“, so eine Schülerin am Ende des Festivals auf der Rückfahrt.
Folglich hoffen die Preisträgerinnen, dass man nicht nur von Demokratie redet, sondern dass die Schule im Allgemeinen, das FWG im Besonderen ein Hort der Demokratie werde, dass man die Anregungen in die Halten des Kronacher Frankenwaldgymnasiums führe und dort, gleichsam einem zarten Pflänzchen, zum Aufblühen verhelfe …
Dass man mehr Demokratie wage und vielleicht - auch auf Basis der Erfahrungen der vielen anderen Schulen - Wege einschlagen werde, die hoffentlich irgendwann in einem Mehr an Demokratie enden!
Man habe die Kontakte, man fange nun erst an! „Motivation haben wir, auch einen langen Atem!“, so das verflüchtigende Zwinkern einer Schülerin, als man nach intensiven drei Tagen in Kronach ankam und sich ins wohlverdiente Wochenende verabschiedete.